In Fitness und Sport sprechen wir gerne über Ziele und Bestzeiten. Aber etwas, über das wir nicht gerne sprechen, ist Scheitern und Versagen. Irgendwie ist eine gute Fehlerkultur in unserer modernen von Social Media geprägten Welt nicht existent. Wir präsentieren lieber ein fehlerfreies und perfektes Leben auf Instagram. Aber das ist nicht die Wahrheit. Jeder scheitert früher oder später einmal. Es ist absolut menschlich und wir müssen ehrlich darüber reden. Also mache ich den ersten Schritt: Ich bin gescheitert und habe meine Berlin Marathon  Zielzeit nicht geschafft! Ich bin nicht sehr glücklich darüber. Und ich kenne viele andere Läufer, die beim Berlin Marathon 2018 auch ihre Zeile verpasst haben, und darüber sehr enttäuscht sind. Warum schreibe ich also diesen Blogpost? Vielleicht, um uns allen (einschließlich mir) eine andere, neue Perspektive zu geben, wie mit unseren Misserfolgen umgehen können.

Berlin Marathon

Mit Misserfolgen umgehen Schritt 1: Warum hattest du überhaupt ein Ziel?

Frag dich mal ganz ehrlich: Warum habe ich mir dieses Ziel gesetzt? Wollte ich das selbst? War das etwas, was von mir erwartet wurde, obwohl ich es nicht machen wollte? Vielleicht wollte jemand anderes, dass ich dieses Ziel erreiche, selbst wenn es nur mein eigenes Ego war?
In meinem Fall war es definitiv mein Ego. Nachdem ich letztes Jahr in Berlin unter 4 Stunden gelaufen bin, habe ich mich sehr unter Druck gesetzt, um diese Zeit wieder zu erreichen. Ich hatte bereits bewiesen, dass ich es schaffen konnte, also muss ich es doch wieder schaffen können, oder?
Aber mein Ziel der letzten 9 Monate war ein anderes. Ich wollte 12 Monate Marathons in 12 Monaten zu laufen, und zwar verletzungsfrei und mit Spaß. Ich wollte mich nicht quälen und leiden. Am Ende wollte ich die neue Bestzeit also nicht stark genug. Also wurde mir klar: Das war nicht mein Ziel, es war das meines Egos.
 

Mit Misserfolgen umgehen Schritt 2: Hattest du einen Plan B?

Wenn man sich ein Ziel setzt, ist es immer wichtig, auch einen Plan B und C zu haben. Dies dient nicht dazu, das große Ziel zu relativieren, sondern soll einem ein anderes Ziel bieten, wenn es mal nicht nach Plan läuft. Als Metapher: dein C-Ziel sollte der Kuchen sein, dein B-Ziel das Sahnehäubchen und dein A-Ziel nur die Kirsche auf dem Sahnehäubchen. Würdest du immer noch glücklich sein, wenn du nur den Kuchen bekommst? Na sicher!
Für mich war das sehr einfach: Mein Hauptziel war es, den Marathon verletzungsfrei zu beenden. In Wahrheit ist das nämlich das einzige Kriterium, das mich meinem 12 Marathons in 12 Monaten Projekt näher bringt. Mein B-Ziel war es, Jahresbestzeit zu laufen, und mein absolutes Top-Ziel war es, eine weiteres Mal unter 4 Stunden zu laufen. Ich habe es bis zum B-Ziel geschafft, und anstatt unglücklich zu sein, dass ich Ziel A nicht erreicht habe, kann ich mich über mein Ziel B freuen.
Wenn du dir das nächste Mal ein Ziel setzt, vergiss bitte das Schwarz oder Weiß, „geschafft oder nicht geschafft“ Denken. Es gibt eine Menge Graubereiche dazwischen, über die man sich auch freuen kann.
 

Mit Misserfolgen umgehen Schritt 3: Suche vorsichtig nach Gründen, aber nicht nach Ausreden.

Und damit meine ich wirklich, wirklich, sehr vorsichtig. Weil man zwar sehr leicht Ausreden findet, aber nur sehr schwer wirklich gute Gründe. Eine Ausrede ist etwas, das außerhalb der eigenen Kontrolle liegt, und dass man für sein Versagen verantwortlich machen könnte. Ein Grund ist etwas Neutrales, das einem helfen kann, das Scheitern zu erklären und sich beim nächsten Mal zu verbessern.
Das heiße Wetter und die vielen Leute für meinen Scheitern beim Berlin Marathon verantwortlich zu machen, wäre eine Ausrede. Weil nämlich immer viel Gedränge herrscht und das Wetter sich sowieso nicht kontrollieren lässt. Der eigentliche Grund, warum ich meine Zielzeit verpasst habe, war ein anderer: Ich war nicht ausreichend vorbereitet. Ich habe in den Sommermonaten nicht genug Tempotraining gemacht, ich habe mich nicht richtig erholt und ich hatte nicht die richtige mentale Einstellung. Das sind keine Ausreden, das sind Gründe, die in meinem Verantwortungsbereich lagen. Und das Gute ist: Ich kann daraus lernen, wachsen und an diesen Dingen arbeiten.
 

Mit Misserfolgen umgehen Schritt 4: Du bist auch nur ein Mensch.

Vielleicht hast du also einen Grund gefunden, warum es nicht nach Plan lief. Aber vielleicht gab es auch keinen offensichtlichen Grund. Was auch immer es sein mag, lass keine Schuldgefühle oder ein schlechtes Gewissen aufkommen. Rede dir bloß nicht ein, du wärst ein Versager. Das ist nur das ganz normale Leben, und im Leben kommen einem manchmal irgendwelche Dinge in die Quere. Es ist absolut normal und es ist in Ordnung. Wir stecken uns Ziele, wir probieren es, wir versagen und nur dadurch wachsen wir und entwickeln uns weiter. Thomas Edison brauchte wahrscheinlich über 10.000 Versuche, die Glühbirne zu erfinden. Er hielt diese Versuche nie für eine schlechte Sache:

Ich habe nicht versagt. Ich habe nur 10.000 Wege gefunden, die nicht funktionieren.

Mit Misserfolgen umgehen Schritt 5: Krone richten, weiter machen!

Du hast dein Ziel verpasst? Na und! Das Leben geht weiter. Es wird wieder die Zeit kommen, wo du es noch einmal versuchen kannst. Vielleicht wird es neue Ziele geben. Konzentriere dich lieber auf die wichtigen Dinge im Leben: Zeit mit Menschen zu verbringen, die dir wichtig sind und Dinge zu tun, die du magst.
Denn am Ende bist du eine Königin oder ein König auf dem Weg zu wahrer Größe. Also Krone richten, weiter machen!