Als ich letztes Jahr den 56 Kilometer langen Two Oceans Ultra Marathon gelaufen bin, habe ich mir vorgenommen, den wohl schönsten Marathon der Welt unbedingt noch einmal zu laufen. Ich habe mir auch vorgenommen, eines Tages den Two Oceans 24 km Trail Run zu laufen, der immer am Karfreitag stattfindet, am Tag vor dem regulären Two Oceans Marathon. Die beiden Rennen sind immer sehr schnell ausverkauft, und ich hoffte, zumindest, für eines der beiden Rennen einen Platz zu bekommen. Aber überraschenderweise habe ich bei der Anmeldung einen Platz für beide Läufe bekommen. Somit konnte ich nicht mehr aus: ich musste das Two Oceans Marathon Doppel mit 80 km innerhalb von ca.30 Stunden laufen.
Zu dieser Zeit war ich noch nie so weit gelaufen. Der vorherige Two Oceans Marathon mit 56 km war mein bislang längstes Straßenrennen. Und das einzige andere Rennen, bei dem ich an diese Distanz heran kam, war „World’s Toughest Mudder“, ein 24-Stunden-Hindernisrennen, bei dem ich 50 Meilen gelaufen bin.
Training für das Two Oceans Marathon Doppel
Das Training für einen Ultra Marathon alleine kann ziemlich anstrengend und mühsam sein. Aber was ist mit Training für das Two Oceans Marathon Doppel? Ich hatte vor ein paar Monaten entschieden, in 2018 12 Marathons in 12 Monaten für einen guten Zweck zu laufen. Und so hatte ich für die 3 Monate bis zum Rennen zwar keinen klassischen Trainingsplan, aber ein grobes Konzept. Im Grunde habe ich versucht, jede Woche durchschnittlich 50 km zu laufen, mit einem langen Lauf am Wochenende und einer Intervall- oder Tempoeinheit in der Mitte der Woche. Ich habe drei komplette Marathons in Vorbereitung auf das Event absolviert, nämlich den Disney Marathon, den Dubai Marathon und den Tel Aviv Marathon. Meine Gesamtlaufleistung bis zum Two Oceans Marathon Double war nicht so viel wie die von anderen Leuten: nur etwa 500 km. Aber ich habe auch viel Cross-Training wie Spinning und Krafttraining gemacht.
Das Einzige, was ich nicht richtig üben konnte, war tatsächlich auf den Trails zu laufen. Der Winter war ziemlich kalt und unangenehm, und wir hatten tatsächlich Schnee, bis eine Woche vor meiner Abreise nach Südafrika. Ich fühlte mich zwar noch stark wegen des intensiven Beintrainings im Fitnessstudio. Aber ich hatte immer noch Zweifel, ob ich 80 km laufen und das Two Oceans Marathon Doppel schaffen könnte. In der Woche vor dem Rennen war ich auf Safari im Krüger Nationalpark. Das zwang mich wirklich dazu, überhaupt nicht zu laufen (damit ich nicht im in der Wildnis von Löwen gefressen werde) und meine Beine richtig auszuruhen. Ich fühlte mich wirklich gut und das Einzige, vor dem ich Angst hatte, war ein Knöchel zu verstauche, mich anderweitig zu verletzen und das Rennen nicht fortsetzen zu können.
Die Wettergötter mögen mich nicht
Meine Hauptmotivation für den Traillauf war die wunderschöne Aussicht, die ich von Devil’s Peak erwartet hatte. Aber am Renntag war das Wetter regnerisch, neblig und windig. Ich hatte gehofft, dass es etwas aufklärt, aber es regnete den ganzen Morgen weiter. Die Waldwege waren sehr matschig, was ich grundsätzlich mag und mir auch liegt.
Allerdings waren die Felsen auf dem Berg sehr rutschig und ich musste das Tempo stark zurücknehmen. Je langsamer, desto besser, dachte ich. Darüber hinaus machte der ständige Regen den ganzen Tag nicht sehr angenehm. Ich war völlig durchnässt, obwohl ich eine wasserdichte Regenjacke trug.
Der schlimmste Punkt war zu Beginn des steilen Abstiegs. Viele Läufer ließen sich wegen des rutschigen Untergrundes sehr viel Zeit, was zu einem kleinen Stau führte. Ich musste ca. 10-15 Minuten im Regen warten, und ich fror stark. Auch mein Telefon ist kaputtgegangen, weil es im Regen nass geworden ist. Trotzdem bin ich sicher angekommen und über die berühmte Ziellinie gelaufen.
Falsche Regeneration nach dem ersten Rennen
Nach 4,5 Stunden im Regen war mir im Zielbereich ziemlich kalt. Leider hatte ich keine trockenen Klamotten mitgebracht, also musste ich in nassen Sachen nach Hause fahren. Nach einer heißen, aber schnellen Dusche (keine langen Duschen im dürregeplagten Kapstadt) ging ich zum Mittagessen mit meinen Freunden und danach zu einem Spaziergang durch die Nachbarschaft sowie einem Sonnenuntergang Bild auf dem Tafelberg. Ich fühlte mich gut, meine Beine fühlten sich leicht un locker an und ich war nicht besorgt über die 56 km, die ich am nächsten Tag absolvieren sollte.
Ich wusste nicht, dass ich meine Erholung mit dieser Einstellung vermasselte. Nachdem ich so lange nass und kalt war, nicht geschlafen oder mich ausgeruht hatte, funktionierte mein Immunsystem nicht richtig. Ich hatte ein ziemlich „offenes Fenster“ für alle Arten von Viren und Keimen. Und so musste ich einige Stunden später, mitten in der Nacht, ins Badezimmer laufen, weil ich eine ziemlich starke Magenverstimmung bekommen hatte. Aber nicht nur ich hatte mir einen Virus eingefangen, sondern auch meine 3 Freundinnen, mit denen ich mir die Wohnung teilte.
Ein mühsames Rennen
Und so fühlte ich mich nach einer Nacht mit Bauchkrämpfen und fast ohne Schlaf ziemlich schrecklich. Als wir an der Startlinie ankamen, reihte ich mich sofort in die Schlange vor den Dixie Klos ein. Und weil ich nicht wusste, was ich sonst noch machen könnte, nahm ich zwei Imodiumtabletten. Das ist eigentlich keine gute Idee, da Imodium die Herzfrequenz und Kerntemperatur erhöht.
Und als das Rennen begann, konnte ich das auch fühlen. Meine Beine waren wirklich schwer und liefen sich trotz der leicht abschüssigen Strecke nicht richtig. Meine Herzfrequenz und Kerntemperatur stiegen und ich fühlte mich komplett erschöpft. Jeder Schritt war extrem hart. Zum Glück lief Veronika mit mir, die mir zumindest etwas Tempo machte. Aber sie war besorgt, dass wir es nicht vor dem Cut-Off schaffen würden. Und wenn ich ganz ehrlich bin, machte ich mir auch Sorgen. Ich hatte wirklich Zweifel, und mein Ziel, das Two Oceans Marathon Doppel zu beenden, rutschte in weite Ferne.
Aber ich wollte nur an den Anfang von Chapman’s Peak Drive, kurz nach der Hälfte der Strecke, erreichen. Ich wusste, dass sich alles von dort aus leichter anfühlen würde. Weil ich den fantastischen Ausblick beim Aufstieg genießen wollte und ich es hinunter einfach laufen lassen konnte.
Hinauf laufen, hinunter fliegen
Als wir die Hälfte der Strecke hinter uns hatten, fing ich an, immer wieder Wasser über meinen Kopf zu gießen, um meinen Körper abzukühlen. An einer Verpflegungsstation gab es Kartoffeln, und genau wie letztes Jahr habe ich sie nicht gegessen, da mir etwas übel war. Ich wusste, dass ich für den nächste Teil einige Kraft brauchen würde, dass ich bergauf gehen musste, aber dass meine Beine nicht vollständig erholt und frisch waren. Also habe bin ich den Anstieg langsam angegangen. Veronika war ein bergauf bisschen schneller als ich, bergab aber langsamer, und so beschlossen wir uns zu trennen und auf der anderen Seite wieder zu treffen..
Der Großteil der Strecke auf Chapman’s Peak Drive war im Schatten, und es war ziemlich windig. Deshalb konnte ich meinen Körper endlich abkühlen. Als ich Chapman’s Peak erreichte, war ich erleichtert, weil meine Energie zurückkehrte. Vielleicht lag das daran, dass ich meinen Körper herunterkühlen konnte, vielleicht war es das Gel, das ich nahm, oder die fantastische Aussicht. Aber bergab flog ich geradezu den Berg hinunter, genau wie ich gehofft hatte. Am Fuß des Hügels kurz vor Hout Bay traf ich erneut auf Veronika. Zu diesem Zeitpunkt litt sie an Bauchkrämpfen, die kurz nach der Hälfte der Strecke begonnen hatten. Jetzt hatte es sie erwischt. Zusammen liefen wir auf diesem flachen Teil der Strecke weiter. Während Veronika mich in der ersten Hälfte des Rennens gezogen hat, habe ich sie jetzt definitiv etwas mehr gepusht. Sie fühlte sich eindeutig nicht wohl und hatte Angst, das Rennen nicht rechtzeitig beenden zu können.
Das Two Oceans Marathon Doppel ist mir sicher!
Aber als wir nach ca. 4 Stunden und 50 Minuten die Marathon-Marke erreichten, war ich absolut sicher, dass wir das Rennen beenden würden. Das bedeutete nämlich, dass wir nur noch 14 km bis zur Ziellinie hatten und dafür mehr als 2 Stunden Zeit hatten. Im Vorjahr hatte ich diese Marke nur 5 bis 10 Minuten früher erreicht, und das machte mich zuversichtlicher.
Beim letzten Anstieg von Constantias Neck haben sich Veronika und ich wieder getrennt. Sie war berauf wieder stärker und lief voraus. Als ich oben angekommen war, war sie deutlich außer Sichtweite. Aber bergab habe ich sie am Ende des Hügels eingeholt. Wir hatten jetzt nur noch 3 km und einen 50-Minuten-Zeitpuffer. Veronika fühlte sich jetzt sehr unwohl und die aufkommende Hitze machte die Situation nur noch schlimmer. Also entschieden wir uns, das letzte Stück bis zur Ziellinie zu gehen. Wir hatten kein Zeitziel und wollten nur innerhalb der Cut-off-Zeit von 7 Stunden fertig werden. Einen Hitzschlag zu riskieren und zu kollabieren erschien uns nicht vernünftig. Und deshalb war gehen die deutlich bessere Variante.
Als wir das Universitätsgelände und die berühmte Ziellinie erreichten, haben wir natürlich wieder angefangen zu joggen. Die Massen an Menschen waren unglaublich, und als wir die Ziellinie überquerten, lächelten wir. Ich umarmte Veronika und bedankte mich bei ihr von ganzem Herzen. Wir wussten beide, dass wir es alleine nicht geschafft hätten. Ich hätte wohl auf der ersten Hälfte der Strecke aufgegeben, und sie auf der Zweiten.
Fazit: Obwohl ich einige Zweifel hatte, ob ich das Two Oceans Marathon Doppel laufen konnte, und auch einige Schwierigkeiten hatte, habe ich es geschafft. Es war hart, aber es war es wert. Und ich komme auf jeden Fall wieder! Es ist schließlich der schönste Marathon der Welt.
Hier findest du meine Erfahrungsberichte zum 56 km Two Oceans Ultra Marathon und zum 24 km Two Oceans Trail Lauf.